Nicht in meinem Kopf
Ich habe eben eine Menge sehr alter Texte von mir gelesen.
Manchmal lächelnd, manches Mal tief durchatmend.
Was ein wilder Ritt, der schon hinter mir liegt. Soviel Widerstand, soviel Kampf. Aber auch soviel Schönheit, Trauer, Wut. Leben eben.
Alle Samen schon immer angelegt, soviel Weisheit im Schatten verborgen. Wir alle tragen die Wahrheit in uns. Verborgen, im Geiste über uns schwebend und gebunden in der Dunkelheit der alten Wunden und Konditionierungen.
Mich hat es immer umgetrieben, ich war Suchende. Teilweise bin ich das immer noch, aber langsam zeichnet sich etwas ab.
Ich habe das Tempo gedrosselt, gelernt inne zu halten, begriffen, dass ich im Außen nicht finde was ich zu suchen gedenke.
Die Antworten fand ich immer nur in mir.
Sie finden zu mir, wenn ich ruhe, fließen lasse. Wenn ich zum Beobachter des Stromes werde, der unaufhörlich durch mich fließt.
Einsam war ich damals , verwundet.
Auf der Suche nach Halt, nach Stütze. Ich wollte so gerne geliebt werden. Aber ich war nicht bereit für die Liebe. Ich war nicht gewillt zu sitzen und den Schmerz wahrhaftig zu fühlen, der dazu gehört, wenn man sich öffnet und mitten durchs Herz fließen lässt.
Heute ist das Ruhen viel einfacher geworden, es ist leichter Fragen zu stellen und sich von den Antworten finden zu lassen.
Früher konnte ich alles beantworten. Mein Kopf hat seine Sache gut gemacht. So gut es ein Kopf eben kann.
Ich hatte den Kopf über mein Herz gestellt. Aber die Antworten, die ein Kopf geben kann, sind eben nur Antworten aus einer Summe von alten Erfahrungen, begrenztem Wissen und aus der Vergangenheit. Und somit lebt man sich in eine limitierte Version der Zukunft hinein.
Aber man ist niemals in der grenzenlosen Wahrheit des Jetzt und Hier- man ist gefangen in einer Art selbsterfüllenden Projektion aus dem Gestern ins Morgen hinein.
Und verpasst dabei das Heute-
Das Leben und Wabern von mannigfaltiger Energie, die durch jeden von uns in so individuell- einzigartiger Weise fließt, dass der Kopf ins Wanken kommt und seinen Thron nicht mehr beibehalten kann, weil er erkennt, dass er nie König war - denn der größte Irrglaube ist, dass man das Herz auf ewig fesseln und erniedrigen kann- das Herz ist der wahre Regent unserer Existenz.
Das Herz ist so königlich, dass es niemals nie besitzen, urteilen oder regieren will- und somit gibt das Herz den Weg frei in höhere Dimensionen.
Mein Herz war geschunden, verwundet, war verkrampft und verschlossen und unter ihm loderte wildes Feuer der Wut, dort lauerte Scham, Schuld und Angst - eingeschlossen bis in meine Eingeweide.
Atmen, ruhen, Loslassen. Atmen, ruhen, Loslassen. Atmen, ruhen, Loslassen.
Jahr um Jahr, Schicht um Schicht. Tiefer in den Schatten eindringen, Wege frei machen, und erkennen, das Licht kommt und Stück und Stück wird etwas freier. Wandelt sich und transformiert.
Wir sind Goldene Kinder - allesamt. Aber dafür muss man sitzen und ruhen, tiefer und tiefer schauen. Es begegnet einem alles in sich selbst - jedes Gefühl, alle Hässlichkeit die man sich erdenkt. Man kann aus den Vollen schöpfen.
Ob sich das lohnt?
Den Mutigen gehört die Welt!
Atmen, spüren, fühlen, lebendig sein!
Ob du dabei sein willst - entscheide selbst!
Für mich scheint es so- Kontrolle ist nur Illusion- bevor uns alle der Tod ereilt - muss man wohl selbst erst Mensch werden.
Ich vertraue da auf das was ich wahrnehme:
Ich werde gerade erst selbst geboren!
Photo von Sascha Bofinger